THOMAS BECHINGER
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Siehe auch: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.2.2017, S. 34, ”Versuch über das Bild. Bis ins Detail kalkuliert: Arbeiten von Thomas Bechinger in der Frankfurter Galerie Middendorff” von Christoph Schütte
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Städtische Galerie im Lenbachhaus München, Exhibition view, Mentales Gelb - Sonnenhöchsstand, May - Oct 2017
Geboren 1960 in Konstanz, studierte Thomas Bechinger Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München, dem Royal College of Art London und der Kunstakademie Düsseldorf. Seit 2010 ist er Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.
Seine erste Einzelausstellung in Frankfurt zeigt seine jüngsten Arbeiten – erweitert mit einer Werkgruppe aus 2008/09. Erstmals thematisiert Bechinger die Materialität der Leinwand als textiles Gewebe, das durch feinpigmentierte Lasierungen in die entsprechende Farbigkeit getaucht wird. Pastösere Farbaufträge kontrastieren die stoffliche Qualität des Untergrundes und akzentuieren diese.
Das fertige Bild verhandelt in seiner Beschaffenheit die Entscheidungen, die Bechinger in Bezug auf Untergrund, Malmittel und Pigment bereits vor dem eigentlichen Malprozess getroffen hat. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass besonders der Pinselstrich als strukturierendes Element fungiert, da sich dieser, in Relation zu Qualität und Konzept der Farbe, in seinen Werke konstituierend verhält. Er ordnet und unterteilt, arrangiert Flächen und löst sie an anderer Stelle wieder auf, wird konkreter, um letztendlich den Prozess des Malens als Akt des Tuns zu verbildlichen. Gerade in diesen Spuren des Malers auf dem Malgrund, die Assoziation mit dem vermeintlich Unpräzisen und Fehlerhaften wecken, offenbart sich für den Betrachter das eigentliche malerische Ereignis in Bechingers Bildern.
Diese Haltung verleiht den Gemälden häufig eine fassadenähnliche Qualität. Deutlich auch in den Werken Kasım Günani, Cukur und Tarlabaşı, die im Rahmen eines längeren Aufenthaltes in Istanbul entstanden sind. Rautenartige Linien lassen Bezüge auf Muster zu, mit denen Bewohner ihre Hauswände im gleichnamigen Stadtteil Tarlabaşı verzieren. In so fern regt Bechinger in seinem künstlerischen Schaffen an, über die Vielfältigkeit malerischer Erscheinungsformen – auch über das Tafelbild selbst hinaus – nachzudenken.
Dierk Höhne
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Kai Middendorff Galerie
Niddastraße 84
60329 Frankfurt am Main
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